Es gibt nicht nur das allgemein bekannte Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, sondern auch ein Gender Promotion Gap – Frauen sind in den besser bezahlten Führungspositionen unterrepräsentiert. Sie werden nicht in derselben Weise in höhere Führungspositionen befördert wie Männer, obwohl sie sich mehr Führungsverantwortung wünschen. Strukturelle Probleme, wie etwa die suboptimale Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, sind massive Karrierestolpersteine. Auf Politik und Infrastruktur hat die einzelne Frau keinen Einfluss. Eine hohe Motivation und intensiver Arbeitseinsatz, oft gepaart mit familiärer Doppelbelastung, führen nicht selten zu Überlastung, Konflikten, Ängsten, Zweifeln oder Unzufriedenheit.
Neben dieser Problematik gibt es in Unternehmen und Institutionen eine real existierende Glasdecke, die es Frauen sehr schwer macht, ganz an die Spitze zu kommen. Das liegt im Wesentlichen an einem männerorientierten Weltbild, in dem Männern eher Autorität und Führungseigenschaften zugeschrieben werden als Frauen. Think management – think male. Frauen gelten als ausdrucksstark und empathisch, sensibel, bescheiden und hilfsbereit. Männer werden als arbeitsorientiert, intelligent und kreativ wahrgenommen. Kurz gesagt: Männer sind für die Strategie zuständig und Frauen fürs »Klima«.
Frauen sind nach wie vor anders sozialisiert als Männer. Sie sind transgenerational anders geprägt und Mädchen werden auch heute noch anders erzogen als Jungen. Jungen lernen zum Beispiel in ihren typischen Sportarten zu kämpfen, Netzwerke zu bilden oder auch schon mal zu zocken. Von Mädchen wird nach wie vor die Erfüllung bestimmter sozialer Aufgaben und Kooperationsbereitschaft erwartet, und es besteht auch höherer Druck in Bezug auf ihr Äußeres und wie sie auf andere zu wirken haben.
Anders als Männer, die Ihr Selbstbewusstsein mehr aus beruflichem und finanziellem Erfolg schöpfen, beziehen Frauen ihr Selbstbewusstsein tendenziell eher aus Beliebtheit und Aussehen. Sie sind selbstkritischer und neigen eher dazu, es anderen recht machen zu wollen. Das macht sie häufig zu People Pleasern. Frauen äußern seltener ihre Bedürfnisse, sind zurückhaltender bei Bewerbungen und stellen weniger Forderungen. Frauen haben ein besonders ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein und einen hohen Anspruch an sich selbst. Sie sind sowohl Team- als auch Aufgaben-orientiert, Machtspielchen sind meist nicht ihr Ding. Ihre besonderen Stärken liegen tatsächlich öfter als bei Männern in der zwischenmenschlichen Kommunikation und Empathiefähigkeit.
Was das Mindset anbelangt: Für den Karriereerfolg braucht man als Frau ein sicheres Selbstwertgefühl, Selbstermächtigung und Durchsetzungswillen. Das heißt: Unabhängigkeit von der Bewertung durch andere, den eigenen Standpunkt vertreten und sich nicht scheuen, auch Forderungen zu stellen. Die erfolgreiche Frau macht ihre Leistungen sichtbar und begreift Konkurrenz und Machtausübung als Chance. Gute Vernetzung ist natürlich auch sehr hilfreich.
Schauen wir uns an, was erfolgreiche Menschen auszeichnet: Es ist Selbstwirksamkeit, zudem Leistungsmotivation, Risikobereitschaft, Problemlösungsorientierung, Durchsetzungsbereitschaft, Ungewissheitstoleranz und Unabhängigkeitsstreben.
Hier sehen wir in der Forschung bei drei der sieben Merkmale Unterschiede zwischen Frauen und Männern: Die Selbstwirksamkeitserwartung ist bei Frauen durchschnittlich geringer ausgeprägt. Wenn Männer etwas nicht erreichen, liegt es ihrer Wahrnehmung nach meist an den äußeren Umständen, für Erfolge sind sie jedoch selbst verantwortlich. Bei Frauen ist es genau umgekehrt. Frauen sind zudem deutlich risikoaverser, was unbestritten auch Vorteile hat. Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass im Schnitt die Durchsetzungsbereitschaft von Frauen sehr viel geringer ausgeprägt ist.
Hohe Selbstwirksamkeitserwartung, Mut zum Risiko und Durchsetzungsfähigkeit erfordern natürlich viel Selbstvertrauen. Wo setzt man an, um Potenziale zu heben? Die drei Säulen dafür sind
Die Arbeit am eigenen Selbstbewusstsein ist eine herausfordernde Aufgabe, der Wunsch allein reicht nicht. Es ist daher ein offenes Geheimnis, dass besonders erfolgreiche Menschen in Wirtschaft, Politik und Sport hierfür Training, Coaching und auch Therapie in Anspruch nehmen.
Selbstbewusstsein wächst durch die Anerkennung der eigenen Erfolge, Stärken und Fähigkeiten. Mit steigendem Selbstbewusstsein wird man auch unabhängiger von der Bewertung durch andere. Das eigene Denken und Fühlen lässt sich viel weitreichender beeinflussen, als man meint. Dadurch verändert sich auch das Verhalten, was natürlich Auswirkung auf den Arbeitserfolg und das Umfeld hat. Im Coaching stehen hier moderne neuropsychologische Methoden zur Verfügung, mit denen die Klientin sich von belastenden Emotionen, inneren Konflikten oder negativen Erinnerungen nachhaltig befreien kann. Auf dieser Basis lassen sich emotionale Resilienz und neue Wege im Umgang mit Entscheidungen, Drucksituationen und Konflikten erarbeiten.
Eine Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen erfordert einerseits eine zeitgemäße Veränderung von Politik und Unternehmenskulturen. Und anderseits selbstsichere und klar ausgerichtete weibliche Führungspersönlichkeiten, die stark und authentisch ihren Weg gehen, weil sie auf die vertrauten Rollenbilder verzichten und konfliktfähig und innerlich unabhängig sind. Ich halte es für wichtig, vermeintliche geschlechterspezifische Gegensätze aufzuheben, statt sie zu betonen. Ich befürworte die bewusste Verbindung von weiblichen und männlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen, ein geschlechtsneutrales, eher situativ angepasstes Auftreten.
MK