Lange schon steht die Frage im Raum, wann es passiert – jetzt ist es offenbar so weit. Die Stimmung unter Immobilienexperten ist angesichts stark gestiegener Zinsen, hoher Baukosten und schwacher Konjunktur gekippt. Viele Unternehmen befürchteten, dass sich der Immobilienmarkt drehe, heißt es in einem Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für den Branchenverband ZIA, das jetzt veröffentlicht wurde. Vieles deute darauf hin, dass der Markt nun in eine Abschwungphase eintritt und damit ein neuer Immobilienzyklus eingeläutet wird, schreiben die Autoren.
Der vom IW errechnete Immobilienstimmungsindex sank laut der Deutschen Presse-Agentur von 30,7 Zählern im ersten Quartal auf minus 5,5 Punkte für das zweite Quartal und fiel damit erstmals seit der Auflage 2014 ins Negative. Damit sei die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Immobilienunternehmen deutlich schlechter als während der Corona-Pandemie. Befragt wurden Geschäftsführer und leitende Angestellte von rund 1.200 Immobilienunternehmen, von denen gut 400 Firmen regelmäßig an der Studie teilnehmen.
Im Wohnsegment fiel das Immobilienklima besonders tief. Hauptthema seien die gestiegenen Bauzinsen, die Wohnungen und Häuser für private Haushalte weniger bezahlbar machten. Die geringere Erschwinglichkeit könnte zu einem nachhaltigen Rückgang bei den Preisen und bei der Nachfrage führen, meint das Institut. So stieg jüngst der effektive Zins für zehnjährige Finanzierungen im Schnitt erstmals seit 2012 wieder über die Marke von 3 Prozent, hat die FMH-Finanzberatung errechnet.
Bergab ging es mit dem Stimmungsindex auch bei Projektentwicklern, im Handelsimmobiliensektor und bei Büroimmobilien. Nachdem der Büromarkt robust durch die Pandemie gekommen sei, fürchteten viele Unternehmen deutlich weniger Nachfrage sowie sinkende Preise und Mieten. Schlechte Nachrichten gibt es laut dem Gutachten aber sogar für Mieter: 80 Prozent der befragten Wohnungsunternehmen erwarten demnach steigende Mieten für ihre Bestände. Hauptgrund sei die hohe Inflation.