Erst die Corona-Pandemie, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die geopolitischen Verwerfungen: Die Krisen der vergangenen Jahre sind nicht spurlos an der deutschen Wirtschaft vorbei gegangen. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt jetzt, wie hoch die Verluste sind. Unterm Strich liegen die Ausfälle bei 735 Milliarden Euro in den vergangenen fünf Jahren – das entspricht 4,3 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
Allein für die ersten beiden Pandemie-Jahre summieren sich die Verluste auf 290 Milliarden Euro. Auch danach blieb nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Erholung aus: 2022 betrugen die Einbußen an Wirtschaftsleistung 100 Milliarden Euro, 2023 145 Milliarden Euro und 2024 gar 200 Milliarden Euro. Vor allem drei Gründe sind für die wirtschaftlichen Schäden verantwortlich:
Während der Corona-Jahre haben geschlossene Geschäfte und gestörte Lieferketten den Konsum abgewürgt. Aber auch wegen der hohen Inflation infolge des kriegsbedingten Energieschocks und der wachsenden Unsicherheit achten die privaten Haushalte stärker aufs Geld – und haben ihren Konsum deutlich zurückgefahren. Pro Kopf hat jeder Deutsche seit 2020 im Schnitt 5.600 Euro weniger ausgegeben. Gesamtwirtschaftlich entspricht das einer Summe von fast 300 Milliarden Euro.
Der Energiepreisschock nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine stoppte die Erholung in der Industrie, bevor sie den Corona-Schock verdauen konnte. Gestörte Lieferketten, hohe Energiekosten und geopolitische Krisen verunsichern die Unternehmen seitdem nachhaltig: Die Gesamtausfälle bei den Investitionen belaufen sich auf 265 Milliarden Euro.
Zudem hat die Weltwirtschaft an Dynamik verloren. Auch abseits der Ukraine prägen geopolitische Verunsicherung und Blockbildung das Bild und kühlen den Welthandel ab. Als Exportland leidet die deutsche Wirtschaft darunter zusätzlich.
»Auch 2025 rechnen wir mit keinem Wirtschaftsaufschwung in Deutschland, der die aufgelaufenen Konsum- und vor allem Investitionsausfälle auffangen könnte«, sagt IW-Konjunktur-Experte Michael Grömling. Das liege jedoch nicht nur an den Krisen: »Über Jahrzehnte hat Deutschland bei den Investitionen gespart und so den Standort vernachlässigt. Das ist der schwammige Boden, auf dem die Krisen uns so hart treffen.«
Zur Methodik: Die Studie geht bei der Schätzung der Wertschöpfungsverluste von einem kontrafaktischen Konjunkturverlauf aus. Um die Verluste zu beziffern, rechnet sie also mit einer hypothetischen Wirtschaftsrealität, die in einer Welt ohne Corona, Krieg und globale Unordnung zu erwarten gewesen wäre und stellt sie der realen Wirtschaftsentwicklung gegenüber.
(MK) Quelle: Pressemitteilung