Die Bekämpfung der Corona-Pandemie stellt nach wie vor eine große Herausforderung an das Gesundheitssystem dar. Aktuell warnt der Ärzteverband Marburger Bund vor Einschränkungen bei der Gesundheitsversorgung aufgrund von Personalausfällen in den Kliniken wegen der Corona-Sommerwelle. Engpässe in Kliniken sehe man zurzeit insbesondere Schleswig-Holstein mit seinen besonders hohen Infektionszahlen, sagte die Vorsitzende Susanne Johna dem »Handelsblatt«. Doch auch in anderen Bundesländern könnten Stationen, Notaufnahmen und der Rettungsdienst wegen Personalmangels teilweise nicht mehr betrieben werden.
Daher suchen Experten auch nach alternativen Möglichkeiten zur Überwachung des Corona-Geschehens. Angesichts steigender Infektionszahlen in Deutschland wird jetzt eine flächendeckende Überwachung anhand von Abwasserproben diskutiert. Die Abwasseranalyse sei ein hervorragendes Instrument für die Pandemiekontrolle, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, der »Funke-Mediengruppe«. Optimal sei es, wenn alle Kommunen mitmachen würden. Je mehr Städte daran teilnähmen, desto präziser werde das Bild vom Infektionsgeschehen.
Zwanzig Städte in Deutschland verfolgen bereits in einem Pilotprojekt das Ziel, ein dauerhaftes Überwachungssystem einzurichten, um Entwicklungen in der Corona-Pandemie frühzeitig erkennen zu können, darunter unter anderem Potsdam, Stuttgart, Köln, Dresden und Jena. Auf diese Weise soll über die Virenkonzentration im Abwasser ermittelt werden, wie verbreitet Corona in einer Region ist. Die Methode koste wenig, der Aufwand sei gering, und man bekomme ein Echtzeit-Lagebild der Pandemie, sagte Nießen.
In Köln sei durch die Analyse bereits festgestellt worden, dass bei den offiziellen Corona-Meldezahlen nur die Hälfte der Infektionen erfasst würden.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kann die Forderungen von Nießen nachvollziehen. Allerdings müsse zunächst die Finanzierung aus Mitteln des Pandemiemanagements sichergestellt werden. Hierzu bräuchte es verbindliche Zusagen von Bund und Ländern, so ein Sprecher.