Henrik Müller, Professor für wirtschaftspolitischen Journalismus, ist der Auffassung, dass die Krise die grundsätzliche Struktur unserer Volkswirtschaften zum Nachteil verändern kann.
Darüber, dass die Pandemie Ökonomien weltweit großen Schaden zufügt, besteht kein Zweifel. Uneins sind sich die Fachleute allerdings über die längerfristigen Folgen. Nach dem erheblichen Einbruch im Frühjahr 2020 könnte es dank erheblicher Subventionen schon in der zweiten Jahreshälfte wieder aufwärts gehen und 2021 sogar ein „Boom-Jahr“ werden, meinen manche Wirtschaftsexperten.
Müller sieht jedoch verschiedene Anzeichen für eine verstärkte Konzentrationswelle, die dem Wettbewerb schaden und ungünstig für kleinere Unternehmen und Verbraucher sein könnte. Eine zu starke Konzentration wirke sich schädlich für die Volkswirtschaften aus, glaubt Müller und er beruft sich dabei auf eine Studie des Internationalen Währungsfonds IWF.
Mit steigender Konzentration sinke zum Beispiel das Interesse an Investitionen und die Bereitschaft zu Innovationen. Auch wachse der Wohlstand langsamer, da sich die Einkommens-Ungleichheit verstärke. Die international erhobenen Daten des IWF hätten gezeigt, dass die Gewinne großer Firmen schneller stiegen als die kleinerer. Zwei Drittel der Preisaufschläge gingen auf größere Unternehmen zurück. Der internationale Trend zur Konzentration war in Deutschland zwar bisher nicht so stark zu spüren, aber das könnte sich ändern.
„Wie genau dieser Wandel ablaufen wird, wissen wir derzeit noch nicht. Aber es ist offensichtlich, dass sich durch die Pandemie und die politischen Reaktionen darauf einige Trends verstärken und beschleunigen werden, die schon seit Jahren sichtbar sind,“ schreibt er im ‚manager magazin‘.
Vorherige Krisen hätten auch immer schon Konzentrationswellen nach sich gezogen, so Müller, wie zum Beispiel die Fusionen von Banken nach der Finanzkrise 2008. Bei der Corona-Krise dürfte das noch stärker werden, da sie global und synchron abläuft und alle Wirtschaftszweige gleichermaßen betrifft. Verstärkend käme hinzu, dass die Bundesregierung mit Eigenkapital als Investor bei schwächelnden Unternehmen einsteigen möchte. Das helfe aber wieder nur den Großen, während kleinere Unternehmen weiterhin von der Pleite bedroht sein könnten. Die EU-Kommission winke angesichts der Dramatik der Krise solche Aktionen durch.
Auch der grenzüberschreitende Warenverkehr und globale Dienstleistungen würden durch die vielen Restriktionen dauerhaft zurückgehen. Das könne einige inländischen Anbieter jeweils begünstigen und verstärke die Entwicklung, die Donald Trump mit dem Handelszwist mit China ausgelöst hat. Zum anderen profitierten große Unternehmen der Internet-Wirtschaft von der Digitalisierung. So boome nicht nur der Versandhandel, während der Einzelhandel leide, oder gar ganz eingefroren sei. Unternehmen wie Amazon verdienten mit ihrer Infrastruktur auch an dem Trend zum Home-Office oder der Nutzung von Streaming-Diensten mit. Und wahrscheinlich zögen auch einige der neuen Kunden von Netflix deren Angebot auch nach der Krise dem Kino oder Theater vor.
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