Der Krieg Russlands gegen die Ukraine entwickelt sich offenbar auch zu einem Agrarkrieg. Für Schwellen- und Entwicklungsländer ist Weizen bereits fast unbezahlbar geworden. Es drohen Hunger, Instabilität und Flucht. Auch in Europa wachsen Sorgen. Der Preis für eine Tonne des Getreides hat mittlerweile die Marke von 420 Euro überschritten. Wie das »Handelsblatt« schreibt, wächst mit jedem Höchststand die Angst vor einer globalen Hungerkrise – und mit ihr die Sorge um die politische Stabilität in Afrika und dem Nahen Osten.
Beide Länder, Russland und die Ukraine, gelten als die Kornkammern der Welt. Normalerweise liefern sie etwa ein Drittel des weltweit gehandelten Weizens. Die Zeitung zitiert einen Rohstoffexperten, der nicht genannt werden will, mit der Aussage, Putin müsse gar keine Atombomben einsetzen, ein Agrarkrieg sei viel effektiver, um den Westen und die ganze Welt zu destabilisieren.
Tatsächlich wurden bereits im Jahr 2010 die Proteste des sogenannten Arabischen Frühlings durch einen sprunghaften Anstieg der Getreidepreise ausgelöst. Eine Folge war der Bürgerkrieg in Syrien, der wiederum im Herbst 2015 zur Massenflucht nach Europa führte.
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, erklärte, dass zwei Drittel des in der EU produzierten Getreides ohnehin an Nutztiere verfüttert werden. Man müsse das Fleischexport-Modell überdenken. Ähnlich äußert sich Alan Matthews, emeritierter Professor für Agrarpolitik am Trinity College in Dublin: Die EU könne zur Stabilisierung der Weltmarktpreise beitragen, indem sie die Verwendung von Getreide und Ölsaaten außerhalb des Lebensmittelsektors einschränke.