Coworking setzt sich in immer mehr Geschäftsbereichen durch und vor allem für Freelancer, junge Kreative und Start-ups ist das Angebot an optimal und bietet viele Möglichkeiten, sich mit anderen zu Vernetzen. Besonders in der Aufbauphase spart ein Coworking-Space eine Menge Fixkosten und bietet eine gute Alternative zu der Arbeit am heimischen Schreibtisch. Doch die normalen Coworking-Spaces lösen bei erster Betrachtung nicht das Problem für junge Familien.
Oft stehen junge Familien vor der schweren Entscheidung: Verzichtet die Mutter oder der Vater darauf arbeiten zu gehen, bis das Kind alt genug für den Kindergarten ist? Sollten sich beide dazu entscheiden, doch zu arbeiten gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder ein Elternteil bleibt im Home-Office zu Hause um auf das Kind aufzupassen oder eine Tagesmutter kümmert sich um das Kind. Büros mit einer eigenen Kinderbetreuung sind eher selten und viele Unternehmen sehen Kinder eher als störend bei der Arbeit.
In den vergangen Jahren haben sich in Deutschland immer mehr Angebote für Eltern ergeben, in denen Coworking-Spaces eine zusätzliche Kinderbetreuung anbieten. Das Angebot der pädagogischen Konzepte ist dabei durchaus vielfältig. Je nach Angebot übernimmt die Betreuung ein Babysitter, eine Tagesmutter oder ein staatlich geprüfter Erzieher. Auch ist es keine Seltenheit, dass Eltern wechselseitig auf die Kinder aufpassen. Je nach Anbieter und Location sind die Kinder von den Eltern getrennt, zum Beispiel in einer direkt angeschlossen Kita. Die Eltern sind dabei nur einen Katzensprung entfernt und können, falls das eigene Kind mal getröstet werden muss, sofort einspringen. Trotzdem können die Eltern in Ruhe an einem eigenen Platz arbeiten und müssen sich um die Betreuung keine Sorgen machen. Aufgrund der direkten Nähe kann das gemeinsame Mittagessen ganz einfach gestaltet werden.
Für die arbeitenden Eltern ergibt sich aus diesen Konzepten neben der Möglichkeit zu Netzwerken, eine konkrete Zeitersparnis. Da das Kind direkt in nächster Nähe betreut wird, fällt die Zeit in der das Kind zum Kindergarten oder zur Tagesmutter gebracht werden muss, für das Hinbringen und Abholen weg. Unternehmen profitieren ebenfalls von solchen Angeboten, da die Eltern schneller wieder in den Beruf einsteigen können und effizienter arbeiten können.
International gibt es das Konzept des Coworking-Spaces mit Kinderbetreuung schon länger. Mit Coworking Toddler, eröffnete das erste Projekt im Jahr 2016 in Deutschland. Seit dem werden immer mehr Angebote geschaffen und auch immer mehr Unternehmen bieten eine betriebliche Kinderbetreuung an. Es gibt einige Anbieter für Coworking-Spaces mit Kinderbetreung wie zum Beispiel „Coworking Toddler“, „work + play“, „Rockzipfel“ oder „juggleHUB“.
Katja Thiede und Silvia Steude, die beiden Gründerinnen von „JuggleHUB“ haben ihren Coworking-Space im Juni 2016 eröffnet und bieten eine flexible Kinderbetreuung für Kinder zwischen null und fünf Jahren an, die je nach Bedarf zwischen neun und 17 Uhr genutzt werden kann. Maximal sechs Kinder werden parallel betreut, aufgrund der Pandemie, momentan maximal 3 Kinder. „Die Betreuung ist an die Nutzung eines Coworking-Platzes gebunden, Eltern müssen also während der Betreuung in unserem Space sein“, erklären die beiden Gründerinnen. Das Angebot von „juggleHUB“ wird von vielen Eltern gut aufgenommen. Besonders seitdem das Jugendamt Berlin beschlossen habe, die Kosten für die Betreuung zu übernehmen, wenn Eltern nachweislich keinen Kitaplatz finden konnten, habe den Zulauf noch einmal verstärkt. Auf die Frage, ob eher Frauen oder Männer das Angebot als Elternteil nutzen würden, antworten die Gründerinnen: „Das ist sehr ausgeglichen. Mal sind es mehr Väter, mal mehr Mütter, insgesamt hält es sich die Waage“. Viele Eltern schätzen die Möglichkeiten, die die Arbeit im Homeoffice ihnen bieten würde und dennoch bekräftigen Thiede und Steude, dass es für die Eltern auch wichtig sei, das Gefühl zu haben unter Menschen zu sein. Dabei kommt es vor, dass ein Elternteil allein in den Coworking-Space kommt und der andere Elternteil bleibt mit Kind zu Hause, oder anders herum.
Die beiden Gründerinnen leiden wie viele andere auch unter den Pandemie bedingten Einschränkungen und der geringeren Auslast-Möglichkeit. Dennoch seien sie für einige Eltern der rettende Hafen, „damit sie wenigstens ein paar Stunden entspannt arbeiten können“.
Katja Thiede ist überzeugt, dass diese Form der Arbeitsweise weiter wachsen wird. „Ich denke, das Modell wird massiv an Bedeutung gewinnen. Das Firmenbüro, wie viele es kannten, wird es vielerorts so nicht mehr geben“. In der Peripherie und auf dem Land, wird der Bedarf an Coworking-Räumen steigen, auch gerade für Eltern. Ebenso in der Stadt, werden solche Arbeitsplätze eine Ergänzung zum Homeoffice werden, gerade auch damit Familien die Möglichkeit bekommen, so zu arbeiten, wie es zu ihnen passt. „Zusammen mit den anderen Space-Betreiber*innen starten wir in diesem Jahr eine Initiative, um Gründer*innen von Workspaces für Eltern gezielt zu unterstützen – mit einem Think Tank und dem ersten Inkubator-Programm in dem Bereich, das bereits im April diesen Jahres startet. Von Coworking mit Kind wird man also noch einiges hören in Zukunft, ganz sicher“.