Unternehmenskultur ist mehr als ein Schlagwort, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Was junge Startups oft noch erfahren müssen, wissen große Unternehmen längst: Die Unternehmenskultur muss an jedem einzelnen Tag gelebt um verinnerlicht zu werden und wirkt nur, wenn sich alle auf ein Modell verständigen können, aktiv wie passiv. Eine „offene Unternehmenskultur“ scheint für die Zukunft der wichtigste Trend. Doch was bedeutet das eigentlich für Führung und Mitarbeiterstamm?
Nur wer seinen Job jeden Tag gern macht und motiviert ist, sich zu verbessern, wird auch die maximale Leistung erbringen. Diese Ansicht ist nicht neu. Bereits in den 1960er-Jahren zeichnete sich für Experten wie Douglas McGregor ab, dass HR Management auch immer bedeutet, sich teilweise auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter einzulassen. Im Jahr 1985 stellte Edgar Schein sein erstes umfassendes Unternehmenskultur-Modell aus drei Ebenen vor. Das Modell etablierte die Frage nach intern gültigen Werten und Normen als einen Wegweiser zum Umgang miteinander im Unternehmen.
Stress als Motivationsfaktor?
Nach Edgar Schein definiert ein Unternehmen seine Unternehmenskultur intern, doch die Werte innerhalb der Arbeitsbeziehung müssen für Außenstehende nicht logisch oder moralisch korrekt sein. Stress kann beispielsweise ein Erfolgsfaktor sein, wenn alle Mitarbeiter für kurze Perioden unter Stress mehr und besser arbeiten. Der sogenannte „Crunch“ in der Programmierszene, eine Phase, in der Entwickler praktisch an ihrem Arbeitsplatz leben, wäre nach Edgar Schein vertretbar.
Unternehmen mit offener Unternehmenskultur lehnen diese „unmenschlich“ erscheinenden Wertevorgaben oft ab. Sie arbeiten eher nach dem Unternehmenskulturmodell nach Hofstede. Geert Hofstede nutzt das Bild des Eisberges. Sichtbar für alle sind Ziele, Regeln und Organisation. Doch diese können nur umgesetzt werden durch einen riesigen Anteil von sozialer Interaktion, Motivation, gemeinsame Rituale, Wertschätzung und anderen emotionalen Faktoren.
Gemeinsame Werte teilen
Moderne Unternehmenskultur wirkt von außen oft weniger geplant, als sie tatsächlich ist oder sein sollte. Viele verschiedene Modelle der Unternehmenskultur lassen sich nicht absolut zuordnen. Das 7-S-Modell, basierend auf shared values, beispielsweise gilt als eine Art Ideal. Doch wie loyal müssen Mitarbeiter wirklich hinter Werten stehen, um im Unternehmen eine gute Arbeit zu leisten?
Die Unternehmenskultur wird immer von der Führung aus definiert. Hat man sich in der Geschäftsleitung auf „flache Hierarchien“ geeinigt, muss dann in der Folge auch ein Mitspracherecht für alle Mitarbeiter gelebt werden. Steht das Unternehmen nach außen für soziale Werte oder gibt sich umweltbewusst, wird dieses Bild idealerweise auch nach innen gelebt. Deswegen sollte sich die Führung vorher die Gedanken machen, welche Werte sie vertreten möchten. Dabei können die thematisch passenden Bücher von Haufe helfen, einen passenden Führungsstill zu finden und die wichtigsten Aspekten der Unternehmenskultur zu definieren. Gemeinsame Werte können nur dann geteilt werden, wenn sie mehr als ein Bestandteil der Markenidentität sind.
Trends in der Unternehmenskultur
Besonders Unternehmen, die eine „offene“ Kultur propagieren, sollten mehr Zeit in die Strukturierung ihrer Kommunikationsebenen investieren. Mitarbeiter müssen Ansprechpartner haben, aber auch Ansprechpartner für ihre Kollege und Vorgesetzten sein. Eine offene Unternehmenskultur ist nur dann ein sinnvoller Trend, wenn sie gewollt ist. Kickermatches und Incentives machen noch keine Unternehmenskultur aus. Doch wo der Wille zum Miteinander vorhanden ist, profitiert schließlich auch der Umsatz von der erhöhten Zufriedenheit mit dem Arbeitsklima.
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