Struktur und feste Regeln, gefolgt von Ritualen wie beim Militär – wer aus der Reihe tanzt, muss gehen. Der Wake-Up-Call erfolgt morgens um 9 Uhr, um die Ziele der Mitarbeiter festzulegen. Diese werden freitags abgefragt, um zu hinterfragen, wer was erreicht hat.
Marco Wiebelt hat alles ausprobiert. Seine Erfahrung zeigt: 30 bis 40 Leute lassen sich noch selbst managen aber dann wird es schwierig. Lange Leine? Fehlanzeige. Mit zu vielen Freiheiten werden lediglich die Guten runtergezogen, dann gibt es keine Zielerreichung mehr und das Gesamtergebnis zeigt miserable Werte. „Wenn das einmal passiert, dann kannst du dein Unternehmen in die Tonne treten und von Grund auf neu aufbauen“, so Wiebelt. Er ist überzeugt davon, dass es feste Guidelines und Firmengesetze geben muss, um ein Unternehmen erfolgreich zu machen.
Trotz strikter Regeln wird eines nicht vernachlässigt: Viel Lob, wenn die Erwartungen erfüllt-, die Ziele erreicht worden sind. Wer seine Ziele allerdings nicht erreicht, bekommt auch schon mal die Zuschüsse entzogen. Genau diese Gegensätze finden sich auch in der Freiheit mit der Arbeit wieder: Die Zielstrebigen sind frei in ihren Handlungen. Je weniger aber erreicht wird, desto mehr werden sie von der Firma „betreut“, was lediglich eine andere Umschreibung für die Kontrolle ist. Die Fluktuationsrate ist entsprechend der strengen Regeln hoch.
Bei kreativer Arbeit mag ein freies Arbeiten sehr förderlich sein. Im Vertrieb hält Wiebelt diese Freiheit für fehl am Platz. Die Freiheiten im Vertrieb erhält man erst, wenn man seine Ziele und die der Firma erreicht hat.
Doch woher weiß er als Unternehmer, wie hoch er die Ziele für seine Mitarbeiter stecken kann? Wiebelt errechnet die Ziele nach einer einfachen Struktur: Die Vertriebszahlen der drei Besten im Unternehmen werden als Vorgabe genommen, durch drei geteilt und der Durchschnittswert als Vorlage für alle anderen Mitarbeiter vorgegeben.
Nörgler und Jammerer oder Menschen mit dem falschen Mindset haben in seinem Betrieb nichts verloren und werden sofort aussortiert. Wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden sollen, werden diese an den erbrachten Zahlen innerhalb der Probezeit gemessen, aber genauso wichtig ist Wiebelt, dass der Bewerber menschlich ins Team passt. Nur gute Zahlen, aber vergiftete Stimmung, kann ein Unternehmen auch in den Ruin führen. Denn ein gestörter Teamgeist führt zu Unmut, unmotiviertem Arbeiten und damit schlechten Ergebnissen. Was bringt dir ein Erfolgreicher, wenn er zehn andere und die Stimmung im Team verdirbt?
Als Marco Wiebelt damals bei einem großen Energieversorger die Verantwortung für den Vertrieb bekam, gab es extrem große Widerstände gegenüber seiner Methoden. „Sie wollten wachsen, den nationalen Vertrieb ausbauen und kamen augenscheinlich nicht weiter.“, so Wiebelt. „Also zogen sie sich einen „Verrückten“ hinzu“. Einer seiner ersten Tipps an den Vorstand: „Wir müssen die Leute rausschmeißen, die veraltete Muster fahren und völlig stagnieren, neue Wege zu gehen!“ Der Vorstand war nicht allzu begeistert von dieser Idee, und schlug Wiebelt vor, ihm eine andere Region zuzuweisen.
Der Standort, an dem er nun eingesetzt wurde, bekam durchaus auch ein Problem, allerdings anderer Art: Nachdem Wiebelt seine Methoden hier umsetzen durfte, explodierten die Zahlen bereits im ersten Monat! 25.000 Aufträge konnten alleine in den ersten 4 Wochen akquiriert werden, sodass die Erfüllung der Aufträge kaum mehr machbar war und Sekt an die Neukunden geschickt wurde, als Entschuldigung für die anstehende Verzögerung.
Dass Wiebelt an diesem Standort für bis zu 300 Millionen (!) mehr Umsatz sorgte, wollte der Vorstand der anderen Regionen ungern als Tatsache annehmen – aber was blieb ihnen übrig. Seine Art der Mitarbeiterführung hat sich vollends bestätigt und im wahrsten Sinne ausgezahlt.
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