Die deutsche Wirtschaft wird ihren Aufwärtstrend voraussichtlich auch in den kommenden beiden Jahren fortsetzen: Der neuesten Konjunkturprognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge dürfte das Bruttoinlandsprodukt nach einem Anstieg um 1,7 Prozent in diesem Jahr auch im kommenden Jahr um diesen Wert wachsen. Für das Jahr 2017 ist mit 1,5 Prozent etwas weniger zu erwarten – allerdings nur deshalb, weil die Zahl der Arbeitstage aufgrund der Lage der Feiertage geringer ausfällt.
In erster Linie ist es die Inlandsnachfrage, die die deutsche Wirtschaft anschiebt. Der private Verbrauch trägt maßgeblich zum Wachstum bei, allerdings zu einem Teil bedingt durch Sondereffekte wie dem gesunkenen Ölpreis. Auch haben Ausgaben des Staates – unter anderem für Transferleistungen und Sprachkurse – für die Asylsuchenden zugenommen, die sich im Aggregat des privaten Konsums niederschlagen. Sieht man von solchen Sondereffekten ab, ist die Dynamik des privaten Konsums nicht wirklich kräftig. Von der durch die Migration angestoßenen Nachfrage profitiert auch die Bauwirtschaft, etwa weil vielerorts dringend Wohnungen benötigt werden.
Das DIW Berlin geht unter Berücksichtigung verschiedenster Annahmen – etwa hinsichtlich der Zahl der Asylsuchenden, der Bearbeitungsdauer der Anträge, der Anerkennungsquote und der Erwerbsquote – davon aus, dass die Bruttoausgaben des Staates in Zusammenhang mit den Asylsuchenden in diesem Jahr bei knapp sechs Milliarden Euro und in den kommenden beiden Jahren bei knapp 15 beziehungsweise 17 Milliarden Euro liegen werden. Diesen Ausgaben werden – gleichwohl noch schwerer quantifizierbare – Mehreinnahmen gegenüberstehen, etwa bei der Mehrwert- und Lohnsteuer oder bei den Sozialbeiträgen. Unter dem Strich dürften die öffentlichen Haushalte auch in den kommenden beiden Jahren mit einem Überschuss abschließen, wenngleich dieser über die Zeit geringer wird.
Aussichten für Weltwirtschaft hellen sich auf, sind aber nicht rosig
Die Lage der Weltwirtschaft wird sich im Prognosezeitraum wohl etwas verbessern. In Russland und Brasilien schrumpfte die Wirtschaftsleistung zuletzt weniger stark als zuvor, und eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft blieb aus. In den USA und in Großbritannien ist die wirtschaftliche Entwicklung kräftig. Insgesamt erwarten die Konjunkturforscher des DIW Berlin nach einer Wachstumsrate von 3,4 Prozent in diesem Jahr 3,6 Prozent für das nächste und 3,9 Prozent für das übernächste Jahr. Die Entwicklung bleibt aber nicht ohne Risiken: Hohe Inflationsraten und die bevorstehende US-Zinswende könnten die Konjunktur in den Schwellenländern stärker als unterstellt belasten. Hinzu kommen die niedrigen Rohstoffpreise, die besonders erdölexportierenden Ländern zu schaffen machen. Auch wenn die geringen Energiekosten andernorts Chancen bieten, da sie die Produktionskosten senken: Zu den Wachstumsraten der vergangenen Jahre werden die Schwellenländer wohl nicht zurückkehren.
In diesem Umfeld wird es auch im Euroraum weiterhin nur moderat aufwärts gehen. Die Exporte entwickelten sich aufgrund der rückläufigen Nachfrage aus China, Russland und Brasilien zuletzt nur verhalten, obwohl der schwächere Euro die Außenwirtschaft grundsätzlich stützt. Der Aufschwung wird aber vor allem vom privaten Konsum getragen – insbesondere, weil die Arbeitslosenquoten vielerorts sinken und die verfügbaren Einkommen aufgrund der niedrigen Inflationsraten merklich zunehmen. Demgegenüber dürfte der geringe Preisauftrieb den erforderlichen Entschuldungsprozess erschweren: In vielen Ländern ist nicht nur der öffentliche Sektor hoch verschuldet, auch private Haushalte und Unternehmen müssen ihre Bilanzen in Ordnung bringen. Alles in allem dürfte das Wachstum in den Jahren 2015 und 2016 bei 1,5 Prozent liegen, im Jahr 2017 ist wohl ein noch etwas höherer Anstieg des Bruttoinlandsprodukts drin.
Außenhandel trägt 2016 und 2017 nicht mehr zum Wachstum der deutschen Wirtschaft bei
In Deutschland wird die Wirtschaftsleistung in den nächsten Quartalen leicht überdurchschnittlich wachsen. Die Unternehmen werden sich mit Investitionen jedoch auch weiterhin zurückhalten, nicht zuletzt aufgrund bestehender Unsicherheiten über die weltwirtschaftliche Entwicklung und die Ausrichtung des Euroraums beziehungsweise der Europäischen Union. Wachstumstreiber ist derzeit der private Konsum, der im laufenden Jahr allerdings auch von den gesunkenen Energiepreisen beflügelt wurde. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt hält aber an: Die Zahl der Erwerbstätigen wird in den kommenden beiden Jahren auf neue Höchststände steigen und die Lohnsumme um rund vier Prozent pro Jahr expandieren. Allerdings nimmt auch die Arbeitslosenquote zu, weil die Zahl der Erwerbspersonen merklich steigt, auch weil wohl immer mehr anerkannte Asylbewerber auf den Arbeitsmarkt kommen. Nach 6,4 Prozent in diesem und 6,5 Prozent im kommenden Jahr wird sie 2017 voraussichtlich bei 6,8 Prozent liegen. Die insgesamt kräftige Binnenwirtschaft sorgt dafür, dass die Importe schneller als die Exporte steigen. Letztere laufen zwar nach wie vor gut, per saldo wird der Außenhandel in den kommenden beiden Jahren aber wohl nicht mehr zum Wachstum der deutschen Wirtschaft beitragen.
Quelle: DIW Berlin
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