Große Pressekonferenz mit Kamerateams aus der ganzen Welt in Wolfsburg. Denn erstmals äußert sich der Volkswagen-Konzern ausführlich zum Stand der Aufklärung. Rund 450 externe und interne Experten sind in die Untersuchungen involviert.
Der VW-Vorstandsvorsitzende Matthias Müller sagte: „Wir tun alles, um die aktuelle Situation zu bewältigen. Aber wir werden nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt. Im Gegenteil: Wir nutzen sie als Katalysator für den Wandel, den Volkswagen braucht.“
Bei der Manipulation der Abgaswerte von Dieselfahrzeugen durch eine Software wurden drei verantwortliche Faktoren bei der internen Revision festgestellt: 1. individuelles Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter, 2. Schwachstellen in einigen Prozessen und 3. in einigen Unternehmensteilen wurden Regelverstöße toleriert.
Die Revision hat nun konkrete Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen. Prozesse sollen mit IT-Systemen besser strukturiert werden. Als Konsequenz aus dem Skandal wurde zudem beschlossen, Emissionstests künftig grundsätzlich extern überprüfen zu lassen.
Während die interne Revision bald abgeschlossen ist, dürften externe Untersuchungen noch weit ins Jahr 2016 reichen. Ein Grund dafür sind die gigantischen Datenmengen. Bislang wurden 102 Terabyte gesichert. Das entspricht etwa 50 Millionen Büchern. Dabei wurden mehr als 1.500 elektronische Datenträger von etwa 380 Mitarbeitern eingesammelt. Beteiligte aus dem Management wurden freigestellt.
Nach erfolgter Abstimmung der technischen Lösungen arbeitet Volkswagen nun mit Hochdruck an den Plänen für die Umsetzung. Erste Rückrufaktionen sollen im Januar 2016 beginnen. „Volkswagen wird nicht ruhen, bis wir dieses Thema ein- für allemal und im Sinne unserer Kunden zufriedenstellend gelöst haben“, versprach Vorstandschef Müller.
Parallel zur Bewältigung der Krise treibt das Unternehmen eine umfassende Neuausrichtung voran. Diese soll die Konzernstruktur, die Art des Denkens und die strategische Zielsetzung betreffen. Volkswagen wird künftig dezentraler geführt werden, Marken und Regionen erhalten mehr Eigenständigkeit. Bis Anfang 2017 wird der Konzern vollständig in die neue Struktur überführt sein. Es soll mehr Bescheidenheit geben. So wird auch der Firmenjet abgeschafft.
Mitte 2016 soll die neue „Strategie 2025“ vorgestellt werden, mit der Volkswagen Antworten auf zentrale Zukunftsfragen geben will. Das Unternehmen tut alles, um die Auswirkungen der aktuellen Situation auf die Geschäftsentwicklung zu begrenzen. Das operative Geschäft läuft im Rahmen der Erwartungen. Die Ende Oktober angepasste Jahresprognose 2015 bleibt unverändert. „Insgesamt ist die Lage nicht dramatisch, aber wie zu erwarten angespannt. Wir kämpfen um jeden Kunden, um jedes Auto“, sagte Müller. Das Unternehmen soll nicht kaputt gespart werden, allerdings werden unnötige Ausgaben erst einmal verschoben. Man fahre auf Sicht, so Müller.
Wirtschaft TV-Chefredakteur Manuel Koch war in Wolfsburg vor Ort: „Nach Wochen der Häppchen-Taktik legt der Konzern endlich mehr Fakten auf den Tisch. Einzelne Mitarbeiter hätten sich fehlerhaft verhalten, heißt es. Tatsächlich werden die Datenträger von 380 Mitarbeitern untersucht. Natürlich sind nicht alle verdächtig, aber das Ausmaß ist doch groß. Die juristische Aufarbeitung wird sich ziehen, damit gibt sich VW auch mehr Zeit, dass der Skandal in den kommenden Monaten aus dem Fokus der Öffentlichkeit kommen kann. Nun ist es wichtig, dass die Führung Zeichen setzt und den Konzern mit der richtigen Einstellung in die Zukunft führt.“