Der Online-Versandriese Amazon wehrt sich am Bundesgerichtshof (BGH) aktuell gegen eine Entscheidung des Bundeskartellamts, den Online-Riesen härter in die Mangel zu nehmen. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Nach erster Einschätzung des Kartellsenats verstößt ein neues Gesetz voraussichtlich allerdings weder gegen EU-Recht noch gegen die Verfassung. Endgültig wollten die Karlsruher Richter und Richterinnen darüber erst später entscheiden. Experten halten für möglich, dass der BGH den Europäischen Gerichtshof zurate zieht. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Kirchhoff verwies jetzt auf die »gewaltige Komplexität des Falls«. Der BGH befasst sich zum ersten Mal mit der Thematik.
Hintergrund ist eine Modernisierung und Stärkung der wettbewerbsrechtlichen Missbrauchsaufsicht. Das Kartellamt hatte 2021 mehr Vollmachten bei Unternehmen mit marktübergreifendem Einfluss bekommen und kann ihnen Praktiken untersagen, die aus seiner Sicht den Wettbewerb gefährden. Das kann sich auch auf Märkte beziehen, auf denen die Unternehmen noch nicht marktbeherrschend sind. Das Kartellamt stufte Amazon vergangenes Jahr als Unternehmen mit sogenannter »überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb« ein.
Anders als früher kann die Behörde nach eigener Darstellung infolge der Reform jetzt auch frühzeitig eingreifen, um Märkte offenzuhalten, Innovationen zu fördern und die Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher und Verbraucherinnen zu schützen. Sie kann etwa Selbstbevorzugung untersagen, also die Bevorzugung eigener Angebote gegenüber denen von Wettbewerbern, das Aufrollen neuer Märkte, sowie das Ausnutzen von Datenmacht.
Während die Google-Mutter Alphabet und der Facebook-Konzern Meta eine entsprechende Einstufung akzeptierten, legten Amazon und Apple Klage ein. Eine Besonderheit ist, dass der BGH direkt über diese Beschwerden von Unternehmen entscheidet und nicht wie sonst zunächst in erster Instanz das Oberlandesgericht Düsseldorf. Das soll ermöglichen, dass finale Gerichts-Entscheidungen früher vorliegen.