Harte Kritik an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) übt der frühere Bundesbank-Präsident und scheidende Verwaltungsratschef der Schweizer UBS-Bank Axel Weber. Die EZB habe sich ohne Not selbst in eine sehr schwierige Situation manövriert. Gegenüber dem Handelsblatt sagte Weber, in den USA liege die Inflation bereits bei knapp acht Prozent und er halte es nicht für ausgeschlossen, dass man noch im Frühjahr zweistellige Werte erreiche. In der Euro-Zone rechne er mit Teuerungsraten von rund acht Prozent in den kommenden Monaten. Für ihn sei es unverständlich, dass sich die Europäische Zentralbank bei der geldpolitischen Wende so viel Zeit lasse. Er halte eine raschere Verschärfung der Geldpolitik für wünschenswert.
Auch Bundesbank-Chef Joachim Nagel sagt, die Inflationsrate sei erneut erheblich höher ausgefallen, als erwartet. Die Geldpolitik dürfe nicht die Gelegenheit verpassen, rechtzeitig gegenzusteuern.
Auf der offiziellen Website der EZB heißt es zwar nach wie vor wörtlich »Mit unserer Geldpolitik gewährleisten wir Preisstabilität«, doch die Praxis sieht zurzeit anders aus. Im März lagen die Lebenshaltungskosten in der Euro-Zone 7,5 Prozent höher als vor einem Jahr. Das war der höchste Anstieg seit Bestehen des Währungsraums.