Die Digitalisierung hat viele Prozesse automatisiert und den Arbeitsalltag somit vereinfacht. Doch geht es um den Vertragsabschluss, braucht es nach wie vor ein Gegenüber aus Fleisch und Blut, weiß Fabian Pietsch. Warum sich digitaler Fortschritt und bewährte Kommunikationstechnik nicht ausschließen und was die Closing-Branche für viele so attraktiv macht, berichtet uns der Experte im Interview.
Herr Pietsch, Sie sind vor wenigen Jahren ins Closing-Business eingestiegen und können jetzt Umsätze in Millionenhöhe vorweisen. Wie erklären Sie sich selbst diesen Erfolg?
Ich denke nicht, dass ich besonders begabt bin oder versteckte Talente habe. Ich habe damals ganz normal meine Realschule gemacht und eine vernünftige Ausbildung.
Ich wusste aber immer, dass es mehr gibt im Leben als den »normalen Weg« und dass es mich nicht erfüllen würde, für immer angestellt zu sein und nicht selber entscheiden zu dürfen, wann, wo und vor allem wie viel ich für jemanden arbeite.
Jeder, der mich seit Längerem verfolgt, weiß, dass es einen Schlüsselmoment in meinem Leben gab, an dem ich entschieden habe, mir etwas Eigenes aufzubauen.
Ich denke, dieser Gedanke für sich selbst Verantwortung zu übernehmen und für sich und seine Familie zu arbeiten, anstatt für einen Arbeitgeber war der größte Motivator.
Wenn ich Gas gebe, sehe ich es auf meinem Konto und wenn ich nichts tue oder nur nach Ausreden suche, sehe ich es auch auf meinem Konto. Ich wollte immer für meine Leistung bezahlt werden und nicht für die Stunden, die ich irgendwo absitze. Genau das hat mir Closing ermöglicht. Das Beste aber sind die ganzen tollen Menschen, die man bei der Arbeit kennenlernt und Menschen, denen man wirklich nachhaltig helfen kann, Ihr Leben zu verändern und sie bei Problemen zu beraten.
Was ist für Sie das Besondere an dieser Tätigkeit?
Es gibt meiner Meinung nach keine Tätigkeit, bei der man so gut bezahlt wird, ohne die Verantwortung für Mitarbeiter oder ein Unternehmen zu haben. Als Closer bist du die Sperrspitze von jedem Beratungs-, Coaching- oder Dienstleistung-Unternehmen und wickelst letztendlich die Deals ab. Und das Verrückte ist, dass man weder gut mit Technik sein muss, besonders gut mit Zahlen oder Computern.
Einzig und allein die Fähigkeit, mit anderen Menschen »richtig« zu kommunizieren, entscheidet über den Erfolg. Das Schöne ist, dass Kommunikation bereits jedem Menschen angeboren ist. Man muss nur lernen, wie man das auch im Bereich Closing anwenden kann. Wie man den Bedarf von Menschen analysiert, mit offenen Fragen sein Gegenüber aussprechen lässt, »zwischen den Zeilen ließt« und letztendlich den Menschen verstehen lernt, um ihm optimal bei der Entscheidung und Produktauswahl zu helfen.
Das Besondere am Closing ist, dass man sich eine Nische aussuchen kann, die den eigenen Interessen und Werten entspricht. Wenn man gerne Sport macht, kann man in der Fitness Nische closen. Es gibt auch Nischen für Haustiererziehung, Dating, Business-Aufbau, Mindset, ja sogar Spiritualität!
Und das ist auch mein Rat an alle Anfänger, die eigenen Interessen und Hobbies mit Closing zu verbinden, denn wer mit Menschen spricht, die ähnliche Interessen oder Probleme haben und Spaß bei der Arbeit hat, wird automatisch Erfolg haben und die Arbeit wird sich nicht mehr wie Arbeit anfühlen.
Sie sind sowohl Closer als auch Closing-Ausbilder. Welche Erwartungen haben Einsteiger an das Business? In welchen Bereichen liegen sie damit richtig und wo falsch?
Bewerber bei meiner Closing-Ausbildung »Das Closing System by Fabian Pietsch« denken oft, dass sie eine Quasselstrippe sein müssen, um gut im Closing zu werden. Das ist aber tatsächlich ein Irrglaube, da ein guter Closer seinem Gegenüber circa 70 Prozent Redeanteil lässt und man eher ein guter Zuhörer sein muss und die richtigen Fragen stellen muss, anstatt großartige Reden zu schwingen.
Was jedoch stimmt ist, dass man Spaß daran haben muss, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Wenn jemand anderen Menschen immer aus dem Weg geht und jedes Gespräch gerne meidet, wird man auf keinen grünen Zweig kommen.
Wenn zu mir jemand sagt, ich möchte lieber meine Ruhe bei der Arbeit haben und mit keinem Menschen reden, dann muss ich ehrlich sagen, ist Closing nicht die erste Wahl.
Ich habe aber auch Teilnehmer, die früher sehr introvertiert waren und schüchtern. Diese sind mittlerweile komplett aus sich herausrausgekommen und sind auch im Alltag viel kommunikativer und offener. Das liegt aber auch genau daran, dass es Ihnen Spaß macht, über sich selbst hinauszuwachsen und schon immer an Ihren Kommunikations-Skills arbeiten wollten.
Als Closer ist es Ihre Aufgabe, Geschäfte für andere abzuschließen. Warum übernehmen das Ihre Auftraggeber nicht einfach selbst?
Eine sehr gute Frage, die mir schon oft gestellt wurde! Am Anfang machen die Auftraggeber dies auch oft selber. Sobald ein Unternehmen aber erfolgreich wird, wächst und dementsprechend mehr Kunden und Interessenten gewinnt, ist dies zeitlich einfach nicht mehr möglich.
Der Tag hat nur 24 Stunden und wenn der Auftraggeber zum Beispiel ein Hundetrainer oder Ernährungscoach ist, ist es seine Aufgabe, die Kunden zu betreuen. Er kann nicht jeden Tag mit 80 neuen Interessenten kommunizieren und genau da kommen die Closer ins Spiel, welche diese kleine, aber wichtige Aufgabe übernehmen und dafür mit zehn Prozent bis 30 Prozent an dem Umsatz beteiligt werden. Daher werden aktuell auch so viele Closer benötigt, weil ein Auftraggeber teilweise auch zehn bis zwanzig Closer beschäftigt, damit das Geschäft weiterwachsen kann.
Da ich selbst jahrelang mein Netzwerk aufgebaut habe, fragen mich mittlerweile ständig diverse Coaches und Agenturen nach neu ausgebildeten Closern, damit sie ihr Unternehmen endlich weiter skalieren können.
Die Wirtschaft stand in den letzten Jahren vor zahlreichen Herausforderungen. Inwiefern hatten, beziehungsweise haben, diese Ereignisse Auswirkungen auf den Closing-Markt?
Das Leben hat sich immer mehr in die digitale Welt verlagert und anstatt in ein Geschäft zugehen, kaufen viele Menschen oft online. Genau daher beruht mein Closing System auch auf der digitalen Geschäftswelt.
Heutzutage kann alles via Smartphone oder PC abgewickelt werden und das in Sekundenschnelle. Daraus ergeben sich viele Chancen und vor allem Freiheiten, wie beispielsweise die Arbeit von Zuhause aus bei der Familie oder der Möglichkeit auszuwandern und denselben Job an anderen schönen Orten auf dieser Welt zu machen.
Selbst Wirtschaftszweige, die mittlerweile relativ instabil geworden sind, haben für mich und meine Teilnehmer nie ein Problem dargestellt. Es ist als neben-, beziehungsweise freiberuflicher Closer extrem einfach, die Nische zu wechseln, denn das Wissen über Kommunikation kann einem keiner nehmen!
Wie wird sich Closing in naher Zukunft weiterentwickeln? Inwiefern kann beispielsweise die Nutzung von KI dazu führen, dass es kaum noch menschliche Closer geben wird?
KI und Digitalisierung haben bereits viele Jobs verändert, beziehungsweise überflüssig gemacht. Closing wird meiner Meinung nach jedoch einer der letzten Jobs sein, der nicht davon ersetzt wird.
Denn, was alle Menschen wollen, ist Kontakt mit anderen »echten« Menschen. Egal ,ob in der Krankenpflege, im Altenheim oder auch bei der Beratung von Produkten. Man spricht lieber mit einem Menschen mit Emotionen und Lebenserfahrung anstatt einer KI.
Von daher denke ich, dass Closing nicht nur extrem zukunftssicher ist, sondern auch durch KI vereinfacht werden kann. WhatsApp oder SMS-Nachrichten können mit KI formuliert werden und einen den lästigen Part abnehmen. Selbst Argumentationslogiken kann man sich problemlos von KI generieren lassen. Für die Umsetzung, Beratungsgespräche und Closing-Calls ist dann aber wieder der Mensch hinter der Technik gefragt.
Unser Gesprächspartner:
Fabian Pietsch ist Closer. Als Gründer der Community »Das Closing System by Fabian Pietsch« unterstützt er andere dabei, sich als Closer selbstständig zu machen.
Beitragsbilder: Fabian Pietsch