Die Industrie erwartet für Deutschland absehbar keine wirtschaftliche Besserung. »Im Vergleich zu den meisten anderen großen Industrieländern fällt unser Land weiter zurück«, sagte der Präsident des »Bundesverbands der Deutschen Industrie« (BDI), Siegfried Russwurm laut der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Konjunkturell herrsche Stillstand in Deutschland. Eine Chance auf einen raschen Befreiungsschlag 2024 sehe man nicht. Die Produktion habe bislang nicht einmal das Vor-Corona-Niveau des letzten Quartals 2019 wieder erreicht.
Der BDI rechnet für 2024 für Deutschland mit einem geringen Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent. Zugleich werde die Weltwirtschaft allerdings ihre Leistung um 2,9 Prozent steigern. Der Politik in Deutschland warf Russwurm übermäßige Komplexität vor, die zum Verlust von Vertrauen bei Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern führe. Damit fehle eine verlässliche Basis für Investitionen.
Russwurm forderte erneut die noch ausstehende Kraftwerksstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums. Solange der Neubau in Aussicht gestellter Reservekraftwerke nicht in Gang komme, weil Geschäftsmodelle und Finanzierung ungeklärt seien, bleibe Deutschland auf den Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken angewiesen – trotz aller Ambition beim Klimaschutz. Dies sei, so wörtlich, »skurril und blamabel«.
Heftige Kritik übte Russwurm auch am geplanten europäischen Lieferkettengesetz. Vorgesehen ist, dass Firmen ab einer bestimmten Größe vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn es in ihren Lieferketten zu Verstößen gegen Menschenrechte kommt. Eine Grundsatzeinigung auf das EU-Gesetz vom Dezember muss vom Europäischen Parlament und den EU-Staaten noch bestätigt werden. Dahinter steckten »komplett wirklichkeitsfremde Vorstellungen«, so Russwurm. Wichtige Punkte seien zudem schwammig formuliert, was zu Unklarheiten bei der Anwendung führen werde.