Dass sich die Oppositionsparteien im Bundestag von der Linken über die Grünen weiter zur FDP bis hin zur AfD einig sind, kommt eher selten vor. Doch jetzt hat die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD für einen Eklat gesorgt und die gesamte Opposition gegen sich aufgebracht. Sie verknüpfte einfach zwei vollkommen unterschiedliche Themen miteinander, um sie zu einer gemeinsamen Abstimmung zu bringen. Das nannte sie dann Gesetzespaket. Stellen Sie sich vor, Sie könnten in einer Volksabstimmung einerseits darüber entscheiden, ob bedürftigen Menschen der Zugang zu finanziellen Hilfen erleichtert werden soll und andererseits, ob Sie damit einverstanden sind, dass der Staat mehr Möglichkeiten erhält, auf Ihre persönlichen Kommunikationsdaten zurückzugreifen.
Beides hat weder organisatorisch noch inhaltlich irgendetwas miteinander zu tun, aber für die Abstimmung haben Sie nur eine Stimme: Ja oder Nein. So ähnlich war das Vorgehen der Großen Koalition in diesem Fall. Sie wollte die Abgeordneten in einer einzigen Abstimmung darüber entscheiden lassen, ob sie dem 30-Milliarden-Euro-Fonds für die Opfer der Hochwasserkatastrophe zustimmen, was unter allen Fraktionen unstrittig war. Gleichzeitig aber sollte die Stimme dafür gelten, einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes zuzustimmen. Alle Oppositionsfraktionen stimmten geschlossen dagegen.
Der FDP-Abgeordnete und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki fand klare Worte für diesen Versuch. Nach der Abstimmung gab Kubicki eine schriftliche Erklärung ab: Dass die Koalitionäre die absolute Notlage der Hochwasserkatastrophe für politische Geländegewinne ausnutzen wollten, um die Oppositionsfraktionen unter moralischen Druck zu setzen, der Novelle des Infektionsschutzgesetzes ebenfalls zuzustimmen, zeuge vom Verlust moralischer Maßstäbe. Die Regierung lasse die Menschen im Dunkeln, wann der bestehende Ausnahmezustand beendet und der Normalzustand wieder hergestellt werde. Die massiven Grundrechtseinschränkungen ließen sich nicht mehr begründen.
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