Immer häufiger lassen wirtschaftlich angespannte Zeiten die Unternehmen zittern: Die Kunden reagieren zögerlicher, die Zukunft ist ungewiss und trotz allem müssen die Gehälter weitergezahlt werden. Wenn Rezessionen aufkommen, müsse man als Geschäftsführer jedoch nicht gleich verzweifeln, meint der Vertriebsmentor Oliver Bestier. Es sei nun wichtig, zusammenzuhalten und vor allem den Vertrieb weiterzuentwickeln – schließlich entstehen gerade in diesen Zeiten komplett neue Anforderungen an diesen.
Herr Bestier, in Zeiten wie Rezessionen leidet meist auch das Geschäftsklima. Wie können Unternehmen und ihre Vertriebe sich trotz allem motivieren weiterzumachen?
In Krisenzeiten wie einer Rezession wird es natürlich für viele Unternehmen und Vertriebe richtig herausfordernd: Die Stimmung ist angespannt, Kunden zögern und der Druck im Team steigt. Trotzdem gibt es Wege, um motiviert zu bleiben und gestärkt aus der Situation herauszukommen. Das Wichtigste: Den Fokus auf das legen, was man selbst beeinflussen kann. Vertriebsmitarbeiter sollten sich darauf konzentrieren, ihre eigenen Prozesse zu verbessern, ihre Beziehungen zu bestehenden Kunden zu stärken und neue Chancen gezielt anzugehen. In solchen Zeiten suchen Kunden nicht einfach nach einem Anbieter, sondern nach einem echten Partner, der ihre Herausforderungen versteht und hilft. Es geht also mehr denn je darum, zu helfen und echten Mehrwert zu bieten, statt nur auf den Verkauf zu drängen. Das schafft Vertrauen und langfristige Bindungen.
Wenn große Abschlüsse schwerer werden, sollten kleine Erfolge im Mittelpunkt stehen. Ein guter Termin, ein positives Feedback oder ein neuer Lead – das sind genau die Dinge, die gefeiert werden können. Das zeigt, dass sich der Einsatz lohnt und hebt die Stimmung im Team. Gleichzeitig ist es eine gute Gelegenheit, ins Team zu investieren. Mit Weiterbildungen und Trainings können neue Fähigkeiten aufgebaut werden, die auch nach der Krise nützlich sind. Ich erinnere mich an ein Unternehmen, das in einer Rezession seinen Fokus komplett auf die bestehenden Kunden legte. Sie boten zusätzlichen Service an, ohne direkt auf einen Verkauf zu setzen. Das kam gut an und zahlte sich aus. Als sich die Wirtschaft erholte, erzielten sie ein Rekordwachstum, weil die Kundenbindung so stark war. Natürlich ist eine Rezession nicht einfach, sie bietet allerdings auch große Chancen. Es ist die Zeit, seinen Vertrieb zu stärken, neue Wege zu gehen und Beziehungen zu vertiefen. Motivation kommt von der Erkenntnis, dass die eigene Arbeit gerade in schwierigen Zeiten einen echten Unterschied macht und genau das ist die Grundlage für langfristigen Erfolg.
Nicht nur der Vertrieb, sondern auch andere Abteilungen wie das Marketing oder die Produktentwicklung müssen sich meistens in volatilen Märkten anpassen. Wie wichtig ist die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und anderen Abteilungen des Unternehmens in Krisenzeiten?
In Krisenzeiten ist die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und anderen Abteilungen wie Marketing oder Produktentwicklung absolut entscheidend. Wenn sich Märkte schnell verändern, braucht es schnelle Entscheidungen, ein gutes Verständnis der Kundenbedürfnisse und eine abgestimmte Strategie. Das funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Kundenprioritäten können sich in unsicheren Zeiten im Handumdrehen ändern. Der Vertrieb, der ja direkt am Kunden dran ist, hat oft die besten Einblicke, was aktuell gefragt ist. Diese Infos sind Gold wert für Marketing und Produktentwicklung, um gezielt Kampagnen oder neue Lösungen zu entwickeln, die wirklich relevant sind. Gleichzeitig muss die Produktentwicklung schneller reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Mit direktem Feedback vom Vertrieb können neue Features oder Anpassungen priorisiert werden, die den Kunden in der aktuellen Situation weiterhelfen. Das Ganze geht auch über reine Effizienz hinaus: Wenn Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung eng zusammenarbeiten, entsteht ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Alle verstehen, dass sie Teil einer größeren Strategie sind, was motiviert und dafür sorgt, dass sich Mitarbeitende genauso wie Kunden gut betreut fühlen. Am Ende ist es genau diese Zusammenarbeit, die den Unterschied macht. Wenn alle Abteilungen an einem Strang ziehen, können Unternehmen nicht nur schneller reagieren, sondern auch die Kunden ins Zentrum stellen. Das ist oft der entscheidende Faktor, ob ein Unternehmen in der Krise erfolgreich bleibt oder ins Straucheln gerät.
Oft werden Kunden mit dem Beginn von Rezession und Co. auch zögerlicher, wenn es um den Einkauf geht. Welche Taktiken können vom Vertrieb verwendet werden, um auch in unsicheren Zeiten das Vertrauen der Kunden zu gewinnen?
In Krisenzeiten sind Kunden oft zurückhaltender, wenn es um Kaufentscheidungen geht. Genau dann muss der Vertrieb umso mehr darauf setzen, Vertrauen aufzubauen und die Kunden bei ihren Entscheidungen zu unterstützen. Das Wichtigste ist, den Kunden zu zeigen, dass ein Kauf ihre aktuellen Herausforderungen wirklich löst – egal, ob durch Kostensenkung, höhere Effizienz oder weniger Risiko, der Vertrieb sollte den Nutzen ganz klar kommunizieren. Kunden wollen Sicherheit, dass sie die richtige Entscheidung treffen. Ein Beispiel aus meiner Erfahrung: Ein Unternehmen mit dem ich zusammengearbeitet habe, bot während einer Rezession eine »risikofreie Testphase« an. Kunden konnten den Service über einen bestimmten Zeitraum kostenlos nutzen, bevor sie sich entscheiden mussten. Diese Strategie nahm den Kunden die Angst vor einer Fehlentscheidung und führte dazu, dass die Abschlussquote nach der Testphase enorm anstieg. In unsicheren Zeiten gewinnt nicht derjenige, der lautstark verkauft, sondern der, der sich als vertrauenswürdiger Partner präsentiert. Ehrlichkeit, Verständnis und echte Kundenorientierung sind die Schlüssel. Wer den Kunden in den Mittelpunkt stellt, baut nicht nur Vertrauen auf, sondern legt auch die Grundlage für langfristige Beziehungen – eine Strategie, die immer funktioniert, nicht nur in Krisenzeiten.
Was ist Kunden beim Kauf eines Produkts während wirtschaftlichen Krisenzeiten besonders wichtig?
In Krisenzeiten denken Kunden viel genauer darüber nach, wofür sie ihr Geld ausgeben. Die entscheidende Frage lautet oft: »Hilft mir dieses Produkt wirklich, meine aktuellen Herausforderungen zu lösen?« Produkte, die Kosten sparen, effizienter machen oder konkrete Herausforderungen angehen, haben daher deutlich bessere Chancen. Dabei geht es nicht immer darum, den günstigsten Anbieter zu wählen, denn Kunden achten vor allem darauf, dass der Preis zur Leistung passt. Jede Investition muss sich lohnen.
Außerdem spielt wie immer Vertrauen eine riesige Rolle. Anbieter mit einem guten Ruf, positiven Referenzen oder sogar Garantien können hier punkten. Ehrlichkeit und Transparenz sind in solchen Zeiten ebenfalls Gold wert: Klare Infos zu Preisen, Lieferzeiten oder möglichen Einschränkungen geben den Kunden Sicherheit. Flexibilität ist ein weiterer Faktor, der den Unterschied macht. Zum Beispiel können flexible Zahlungsmodelle, Mietoptionen oder individuell anpassbare Lösungen das Risiko für den Kunden verringern und die Entscheidung erleichtern.
Gleichzeitig schauen viele Kunden darauf, dass ihre Käufe nachhaltig und langfristig sinnvoll sind, weil Produkte mit geringeren Folgekosten oder dauerhaften Vorteilen hier klar im Vorteil sind. Kurz gesagt: Kunden wollen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten das Gefühl haben, eine durchdachte und sichere Entscheidung zu treffen. Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen klar positionieren, ehrlich kommunizieren und flexibel auf die Bedürfnisse eingehen, können dieses Vertrauen gewinnen und trotz der Krise erfolgreich bleiben.
Welche Rolle spielen KI und Datenanalyse im Vertrieb, um in volatilen Märkten bessere und schnellere Entscheidungen zu treffen?
KI und Datenanalyse sind teilweise noch in den Kinderschuhen, allerdings schon jetzt echte Gamechanger, wenn es darum geht, den Vertrieb in volatilen Märkten auf Kurs zu halten. Sie sorgen nicht nur dafür, dass Entscheidungen schneller getroffen werden, sondern auch, dass sie auf fundierten Daten basieren, was ein klarer Vorteil ist, wenn sich die Märkte ständig verändern. Mit KI und Datenanalyse lassen sich Markttrends und Kundenverhalten bereits in Echtzeit auswerten. Vertriebsteams können also frühzeitig erkennen, welche Produkte oder Dienstleistungen gerade gefragt sind, und ihre Strategien anpassen. Außerdem machen diese Technologien eine personalisierte Ansprache möglich: Durch die Analyse großer Datenmengen verstehen Unternehmen besser, was einzelne Kunden wirklich brauchen, und können so gezielt auf sie eingehen. Das stärkt nicht nur die Bindung, sondern erhöht auch die Abschlussquoten.
KI-Tools helfen auch, Leads zu priorisieren. Sie zeigen auf, welche Interessenten die besten Chancen auf einen Abschluss haben, und das spart wertvolle Zeit und erlaubt den Fokus auf die vielversprechendsten Kontakte. Zudem unterstützt Datenanalyse bei dynamischen Preisstrategien, indem sie Marktbedingungen, Wettbewerb und Kundenpräferenzen berücksichtigt. Und das ist noch nicht alles: KI liefert Prognosen und Trends, mit denen Unternehmen proaktiv handeln können, anstatt nur auf Veränderungen zu reagieren. Sie hilft dabei, Lagerbestände anzupassen, Kampagnen zu planen und Risiken besser zu managen. Automatisierte Systeme wie KI-gestützte CRM-Tools übernehmen Routineaufgaben, damit Vertriebsteams mehr Zeit für strategische Themen haben. Ein Beispiel: Ein Unternehmen in der Konsumgüterbranche nutzte KI, um herauszufinden, welche Produkte in einer schwierigen Marktphase trotz sinkender Kaufkraft gefragt blieben. Mit diesem Wissen konnten sie ihre Ressourcen gezielt einsetzen, ihre Kampagnen optimieren und den Umsatz stabil halten. Zusammengefasst: KI und Datenanalyse machen den Vertrieb flexibler, präziser und schneller – also genau das, was man in volatilen Märkten braucht. Die richtige Mischung aus Technologie und menschlichem Fingerspitzengefühl ist hier der Schlüssel für langfristigen Erfolg.
Oliver Bestier ist Vertriebsmentor und Keynote Speaker. Mithilfe seiner langjährigen Berufserfahrung in führenden Vertriebspositionen unterstützt er Unternehmen beim Aufbau und der Weiterentwicklung eines leistungsstarken Vertriebsteams. Seit 2018 begleitet er Unternehmen verschiedener Branchen dabei, nachhaltige Vertriebsstrukturen zu etablieren und Prozesse zu optimieren.
Bilder: Julian Omonsky, Sarah Ley