Der europäische Emissionshandel, eines der zentralen Instrumente der EU-Klimapolitik, steht vor einer gefährlichen Verwässerung. Laut einem Bericht der Wirtschaftswoche könnte der Handel mit CO₂-Zertifikaten in seiner jetzigen Form bald faktisch ausgehebelt werden. Hintergrund ist eine geplante Reform, die zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen vorsieht, vor allem für energieintensive Branchen, die sich über zu hohe Kosten beklagen.
Kritiker warnen, dass damit die Wirksamkeit des Systems verloren geht. Statt marktwirtschaftlicher Lenkungseffekte drohe eine Rückkehr zu nationalen Alleingängen und Subventionen. Besonders umstritten ist die Frage, ob der Preis für CO₂-Emissionen künftig gedeckelt werden soll. Das würde zwar kurzfristig Unternehmen entlasten, aber das marktwirtschaftliche Prinzip des Emissionshandels unterlaufen und damit auch das Pariser Klimaziel gefährden.
Analysten verweisen auf den internationalen Kontext: Während die USA mit grünen Subventionen und China mit industriepolitischen Anreizen agieren, droht Europa seine zentrale Steuerungslogik aufzugeben. Sollte der CO₂-Handel tatsächlich politisch beschnitten werden, wäre das nicht nur ein klimapolitischer, sondern auch ein industriepolitischer Rückschritt – mit Folgen für Wettbewerbsfähigkeit, Innovationsdruck und Kapitalflüsse in grüne Technologien.
SK
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