Bundeskanzler Friedrich Merz spricht sich in einer aktuellen Forderung für den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Börse – einer Art »europäischen Wall Street« – aus, mit dem Ziel, den Kapitalmarkt in Europa zu stärken und zu verhindern, dass erfolgreiche Unternehmen etwa aus Deutschland sich bei einem Börsengang für die USA entscheiden müssen.
In einer Regierungserklärung zum letzten EU-Gipfel sagte Merz: »Wir brauchen eine Art European Stock Exchange, damit erfolgreiche Unternehmen wie zum Beispiel BioNTech aus Deutschland nicht an die New Yorker Börse gehen müssen.«
Der Vorschlag wird von verschiedenen Markt- und Aktionärsorganisationen positiv aufgenommen. So bezeichnet der Anlegerschutzverein DSW den Vorstoß als »den Königsweg für Europa«, da durch eine zentrale Börse Liquidität gebündelt und die Fragmentierung der europäischen Kapitalmärkte vermindert werden könnte.
Gleichzeitig warnen Fachleute, dass die praktische Umsetzung an zahlreichen Hürden scheitert: nationale Eigeninteressen, regulatorische Differenzen und die Frage des Standorts stehen im Wege.
Unklar bleibt, ob Deutschland unterdessen bereit ist, mehr Kompetenzen an überstaatliche Institutionen abzugeben. Bisher war Berlin bei einer stärkeren Aufsicht durch die European Securities and Markets Authority (ESMA) zurückhaltend.
Die Debatte gewinnt durch die aktuelle Zersplitterung des europäischen Handelsmarkts an Brisanz: Mehr als 500 Handelsplätze existieren in der EU, wodurch die Kapitalmarktunion bislang kaum realisiert wurde.
Merz’ Vorstoß zeigt, wie stark wirtschaftspolitische Debatten in Deutschland zunehmend europäisch ausgerichtet sind – insbesondere mit Blick auf Wettbewerbsfähigkeit, Technologieführerschaft und Kapitalmarktintegration.
SK
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