Deutschland hat die Auswirkungen der Gaskrise von 2022 nicht überwunden. Ein aktuelles Gutachten des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen erstellt, zeigt deutliche strukturelle Schäden – vor allem in der energieintensiven Industrie.
Die Strom- und Gaspreise für industrielle Abnehmer liegen weiterhin substanziell über Vorkrisenniveaus, besonders im Vergleich zu Nordamerika. Deutschland positioniert sich beim Strom im Mittelfeld, beim Gas in der Spitzengruppe der teuersten Industriestandorte in Europa. Viele energieintensive Branchen (Chemie, Metall) haben ihre Produktion reduziert, verlagert oder stillgelegt – was zu einem dauerhaften Verlust hochproduktiver Arbeitsplätze führt. Einige Produkte werden gar nicht mehr in Deutschland gefertigt, sondern ausgelagert, weil die Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit zerstören.
Das Gutachten warnt laut Handelsblatt explizit vor pauschalen Subventionen der Strompreise: Diese wären weder energiepolitisch sinnvoll noch finanzpolitisch tragbar. Stattdessen fordern die Wissenschaftler gezielte Maßnahmen zur Reduktion der Systemkosten – durch Ausbau der Netze, Digitalisierung und Flexibilisierung des Stromsystems.
Ein zentraler Engpasspunkt ist der Netzausbau: Der Strom kann oft nicht effizient vom windreichen Norden Deutschlands in den industriell geprägten Süden transportiert werden. Das verzerrt Erzeugung und Verbrauch und zwingt zu teuren Kompensationsmechanismen (z. B. Abschaltungen, Erzeugung vor Ort).
SK
Beitragsbild: IMAGO / Jochen Tack