Künstliche Intelligenz findet man heutzutage fast überall. Insbesondere deutsche Unternehmen zögern allerdings noch beim Einsatz von ChatGPT und Co. im Geschäftsalltag – erst drei Prozent nutzen laut einer Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom generative KI zentral im Unternehmen. Das sei eine vertane Chance, meint Maximilian Göhler, Gründer von Digitaler Unternehmenserfolg. Im Interview erklärt der Experte, wie Unternehmen am besten mit KI umgehen sollten und wie die Zukunft der Kundengewinnung damit aussehen könnte.
Herr Göhler, viele Menschen kritisieren KI-Programme aufgrund des Urheberrechts und Datenschutzes. Wie stehen Sie zu den nun beschlossenen Gesetzen zur Regulierung von KI?
Aus meiner Sicht sind die neuen Gesetze zur Regulierung von KI in der EU ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass KI-Systeme verantwortungsvoll und ethisch genutzt werden. Sie bieten einen rechtlichen Rahmen, der sowohl den Schutz der Urheberrechte als auch den Datenschutz berücksichtigt. Durch diese Gesetze wird gewährleistet, dass KI-Entwickler und -Anwender klare Richtlinien befolgen müssen, was zu mehr Transparenz und Verantwortlichkeit führt.
Jedoch können die neuen Regulierungen noch weiter angepasst werden:
- Stärkere Überwachung und Durchsetzung: Sicherstellen, dass es effektive Mechanismen zur Überwachung und Durchsetzung der Gesetze gibt.
- Förderung von Open-Source-KI: Unterstützung von Open-Source-Projekten, um Transparenz und Innovation zu fördern.
- Weiterbildung und Sensibilisierung: Schaffung von Bildungsprogrammen, um sowohl Entwickler als auch die breite Öffentlichkeit über die ethischen und rechtlichen Aspekte der KI-Nutzung aufzuklären.
Diese Maßnahmen würden dazu beitragen, das Vertrauen in KI-Systeme zu stärken und gleichzeitig die Rechte und Privatsphäre der Nutzer zu schützen.
Der Umgang mit KI will gelernt sein. Was machen viele Unternehmen beim Einsatz von KI falsch?
Ich habe im letzten Jahr viele Unternehmer auf KI-Vorträgen kennengelernt. Dabei habe ich zwei Dinge festgestellt: Als erstes sehen viele Unternehmen KI-Tools eher als »Spielerei« an und testen jeden Tag neue Tools. Das sehe ich als vertane Chance an. Jeden Tag neue Tools zu testen, bringt Unternehmen nicht weiter. Viel wichtiger ist es aus meiner Sicht, sich gezielt zu überlegen, welche Prozesse, die viel Zeit kosten oder immer wieder anfallen, mit Hilfe von KI-Tools automatisiert werden können. Dabei geht es nicht darum, immer wieder einzelne Tools zu testen, sondern sich zu überlegen, welche Prozesse über Schnittstellen gezielt in Kombination mit Tools automatisiert werden können. So können manuelle Arbeitsprozesse reduziert werden und es wird Zeit frei, die anders genutzt werden kann.
Außerdem bedeuten neue Möglichkeiten, Tools und Technologien natürlich auch Veränderung. Die meisten Menschen mögen Veränderungen jedoch nicht, sodass Angst vor diesen entsteht. Hier ist es aus meiner Sicht wichtig, alle Beteiligten im Unternehmen mit abzuholen und Schritt für Schritt neue Ideen umzusetzen.
In welchen Aufgaben-Bereichen der Kundengewinnung sehen Sie Einsatzmöglichkeiten für KI-Programme?
KI-Tools können in der Kundengewinnung in unterschiedlichen Bereichen helfen. Dabei geht es schon bei der Ideen-Gewinnung bzw. dem Brainstorming los. Wenn Unternehmen keine Ideen haben, wie ihr Marketing aussehen kann, können Tools wie ChatGPT schon erste Ideen entwickeln. Was früher sehr aufwändig war – Designs erstellen, Bilder bearbeiten, Websiten oder Werbeanzeigen erstellen – kann nun wunderbar automatisiert werden. Für den Erstkontakt sind das Maßnahmen, die ausreichend sind.
Viele Kaufentscheidungen werden jedoch nicht direkt beim ersten Kontakt mit einem Unternehmen getroffen. Entscheidungswege oder längere Sales Circles können dafür verantwortlich sein, dass Kunden erst nach mehreren Monaten, teilweise aber auch erst nach Jahren kaufen. Daher ist es wichtig, dafür zu sorgen, Interessenten an dieser Stelle nicht alleine zu lassen, sondern sicher zu stellen, dass Unternehmen einen langfristigen Vertriebsprozess haben. Und diese langfristigen Prozesse können so durch intelligente KI-Lösungen unterstützt werden, dass sie kaum Zeit in Anspruch nehmen.
Müssen Angestellte der Marketing-Abteilung zukünftig Angst haben, ihre Jobs zu verlieren?
Angestellte in Marketing-Abteilungen müssen sich keine Sorgen um ihre Jobs machen. Menschen kaufen immer von Menschen. Daher ist die Sorgen, dass Jobs oder Menschen »wegautomatisiert werden« nicht gerechtfertigt. KI-Tools können Aufgaben erleichtern, Zeit einsparen und Menschen bei der Erreichung der Ziele unterstützen. Die Tools müssen aber immer noch von Menschen bedient werden. Auch der zwischenmenschliche Kontakt ist extrem wichtig – nur so kann Vertrauen aufgebaut und eine Kaufentscheidung herbeigeführt werden.
Wie wird die Kundengewinnung in zehn Jahren aussehen?
Die viel wichtigere Frage ist: Warum kaufen Menschen eigentlich bei Unternehmen? Das hat mit bestimmten verkaufspsychologischen Aspekten zu tun, die schon seit Jahrhunderten immer gleichgeblieben sind. Tools und Social-Media-Plattformen werden sich immer ändern – da ist es fast unmöglich zu sagen, welche in den nächsten Jahren dazukommen und welche wegfallen. Die Psychologie dahinter – warum Menschen Produkte oder Dienstleistungen kaufen – bleibt dagegen gleich. Daher werden KI-Anwendungen diese Prozesse unterstützen, Menschen werden jedoch als Ansprechpartner, Marketing-Mitarbeiter oder Verkäufer erhalten bleiben.
Maximilian Göhler ist Gründer von Digitaler Unternehmenserfolg und unterstützt die Sichtbarkeit von Unternehmen mithilfe von Online Marketing.
Bild: Maxilmilian Göhler